Die Eiche – „Wenn sie erzählen könnte“
Mit diesen Worten eröffnete Revierförster Jörg Brucklacher seinen Vortrag zur Eiche. Der Waldbauverein Schwäbisch Hall e.V. hatte am 26.10.18 zu diesem ganz speziellen Vortag über die Eiche eingeladen. Das ist mal ein Baum, vor dem man Respekt haben kann, die dicke Eiche am Waldrand.
Kennen Sie eine bestimmte Eiche persönlich oder die Eiche als Prinzip, als Charakterbaum oder als Baumcharakter, als botanisches und geschichtliches, als kulturelles und poetisches Phänomen. In vorchristlicher Zeit ein Druidenheiligtum, später urdeutscher Stammbaum, dann eine Zeit lang Hitlereiche und aktuell Modebaum und Hoffnungsträger im Klimastress. Tausendjährige Eichenveteranen schreiben Baumkalender über Klima und Vegetation bis in die Steinzeit zurück.
Natürlich gibt es Eichengeschichten zuhauf, z.B. von dem Landadligen, der sich in einer hohlen Eiche begraben ließ. Außerdem erfuhren die Zuhörer, was ein Zaunisolator mit Johann Sebastian Bach zu tun hat. Ganz ohne Poesie läuft bei Herrn Brucklacher kein Vortrag ab. So trug er in gewohnter Weise auch einige Gedichte über die Eiche vor. Wie Eichelbrot sind die Gedichte und Geschichten zur Eiche nicht alle unbedingt leicht verdaulich aber sie gehören zu diesem Baum wie Eichelmastschinken und Prozessionsspinner eben.
Als die Schiffe noch ausschließlich aus Holz gebaut wurden benötigte man ca. 1200 Eichen pro Schiff. Das besondere aber daran war, dass 80 % der verwendeten Bäume nicht gerade waren. Jeder einzelne Baum wurde speziell nach seiner Krümmung verwendet um das Optimum an Stabilität zu erhalten. Als Jörg Brucklacher Venedig in den Ausführungen streifte, so war allen Besuchern nachher klar, Venedig steht auf Eiche. So hat die Rialtobrücke, die eines der bekanntesten Bauwerke Venedigs ist, sage und schreibe 12000 Eichenpfähle als Fundament.
Die Eiche galt schon immer als Prototyp des deutschen Charakterbaumes
Wenn man die Anfänge der Bundesrepublik Deutschland blickt, heute nicht unbedingt mehr allen in Erinnerung, so war auf allen Kupfermünzen, der 1-DM Münze sowie auf dem 5-Markschein Eichenlaub abgebildet. Eine Besonderheit gab es bei der 50 Pfennig Münze. Hier war kein Eichenlaub abgebildet sondern ein Eichensetzling, was den Wiederaufbau Deutschlands symbolisieren sollte. Waldbaulich betrachtet wurden in jener Zeit der Bundesrepublik Deutschland aber kaum Eichen sondern überwiegend Fichten gepflanzt.
Mit weiteren markanten Zahlen lies Revierförster Jörg Brucklacher seine Zuhörer in dem vollbesetzten Saal aufhorchen. So haben 1400 Ortsnamen in Deutschland einen Bezug zur Eiche und unzählige Flur- und Gewannbezeichnungen sind ebenfalls von der Eiche abgeleitet.Besonders zu erwähnen ist auch, dass in Deutschland hauptsächlich zwei Eichenarten nämlich die Traubeneiche und Stieleiche wachsen, während es in den USA 60 verschiedene Eichenarten gibt.
Der Waldbauverein freute sich, dass er mit seinem Vortrag wieder ein breites Publikum angesprochen hat. So waren vom Schüler bis zu den Senioren alle Altersgruppen vertreten. Gemeinsam mit Revierförster Jörg Brucklacher wurden, anhand von Bildern und Geschichten aus Botanik, Dichtung und Kulturgeschichte, der Eiche einige Geheimnisse entlockt. – Und das alles jenseits von Waldbau und Holzspalter. Am Ende des überaus kurzweiligen, zweistündigen Vortrags wurde Revierförster Brucklacher mit langanhaltendem Beifall belohnt.
Georg Kiesel, Vorsitzender Waldbauverein Schwäbisch Hall e.V.